Aquakultur-Weiterbildung erstmals zu Photovoltaikanlagen auf Teichen
Erstmals in der Geschichte befasste man sich mit Photovoltaikanlagen (PV) auf Teichen, sogenannte schwimmende PV-Anlagen und lotete die Möglichkeiten und Herausforderungen einer Karpfenteich-Doppelnutzung aus.

Am 29. September 2022 gab es in der Aquakultur-Weiterbildung gleich zwei Premieren zu feiern. Die erste Hybridveranstaltung stand am Programm, das bedeutete, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten vor Ort oder per Online-Zuschaltung teilnehmen und mitdiskutieren. Auch thematisch widmete man sich einer komplett neuen Materie. Erstmals in der Geschichte befasste man sich mit Photovoltaikanlagen (PV) auf Teichen, sogenannte schwimmende PV-Anlagen und lotete die Möglichkeiten und Herausforderungen einer Karpfenteich-Doppelnutzung aus. Fünf Experten kamen auf Einladung von Melanie Haslauer, Bildungsverantwortliche für den Fachbereich Aquakultur der Landwirtschaftskammer Niederösterreich (LK NÖ), ins Seminarzentrum vom Faulenzerhotel nach Friedersbach nahe Zwettl. Drei Experten waren sogar extra aus Bayern angereist. Beleuchtet wurde eindeutig ein Thema, bei dem sich derzeit viel tut und neue Entwicklungen zu erwarten sind, auch wenn es aktuell noch keine bekannten Praxisbeispiele auf Karpfenteichen gibt.
Die Versorgung unserer Gesellschaft mit leistbarer erneuerbarer Energie ist eine Herausforderung, welche neben der Klimakrise gerade auch durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine an Brisanz gewonnen hat. Ein Blick auf die österreichische Marktpreisentwicklung beim Strom laut Analysen der Energie Control Austria zeigt, wie sich der langjährige Durchschnitt unter 50 Euro/MWh bewegt und seit Beginn 2021 auf 307 Euro/MWh im ersten Quartal 2022 ansteigt. Das ist in etwa eine Preissteigerung um das sechsfache. PV-Anlagen trugen in 2021 lediglich 3 % zur Stromproduktion in Österreich bei. Flächen-Nutzungskonflikte sind bei PV-Anlagen aber vielfach vorprogrammiert, v.a. auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. Die vielfältigen Ökosystemdienstleistungen und die Funktionsfähigkeit der Karpfenteiche muss, so waren sich die Teilnehmenden einig, auch mit einer Doppelnutzung von „Karpfen und Strom“ erhalten bleiben.
Viel Erfahrung zu Floating-Photovoltaik, also zur schwimmenden Stromerzeugung brachten Daniel Eisel, MSc und Gawan Heintze, Msc von der Fachstelle „LandSchafftEnergie“ am Technologie- und Förderzentrum Straubing vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie mit. Sie stellten äußerst interessante deutsche und internationale Beispiele vornehmlich auf Bagger- oder Speicherseen vor und nannten neben technischen Details auch die Chancen und Herausforderungen derartiger Systeme. Wissenschaftlich fundierte Untersuchungen der Floating-PV auf die Gewässerökologie fehlen bis dato, ebenso Langzeituntersuchungen zu mögliche Beeinträchtigungen von Leistung und Haltbarkeit durch beispielsweise Biofouling, Vogelkot oder mechanische Zugkräfte auf Kabel.
Ein laufendes Forschungsprojekt mit Freilandversuchen an der Außenstelle für Karpfenteichwirtschaft Höchstadt vom Institut für Fischerei Starnberg der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft stellte Dr. Jan Masilko vor. Er erhebt derzeit den Einfluss der Beschattung durch PV-Anlagen auf die teichwirtschaftliche Produktion und präsentierte erste Vorergebnisse der Versuchsreihe. Die finalen Ergebnisse werden im Herbst 2023 zur Verfügung stehen, was ihm umgehend eine Einladung zur darauffolgenden Teichwirte- und Fischzüchtertagung einbrachte.
Einen Einblick in die relevanten Rechtsbereiche gab Ing. Mag. Alfred Kalkus, Jurist in der Rechtsabteilung der Landwirtschaftskammer Niederösterreich. Bei der Errichtung bzw. Zulassung von PV-Anlagen ist neben Wasserrecht und Gewerberecht primär die Landesgesetzgebung der Bundesländer relevant. Viele nützliche Hinweise gab es zur Vertragsgestaltung mit PV-Betreibern, welche teils großes Interesse an der langjährigen Pachtung von geeigneten landwirtschaftlichen Nutzflächen für die Dauer von meist 25-30 Jahren haben. Das entspricht in etwa der Lebensdauer einer PV-Anlage. Vor Vertragsabschluss ist auf jeden Fall eine juristische Beratung in der zuständigen Landwirtschaftskammer sinnvoll. Oft scheinen die finanziellen Angebote äußerst lukrativ, nach juristischer Prüfung der Verträge, zeigen sich aber durchaus nachteilige Vertragsklauseln für die Verpächterin bzw. den Verpächter. Was mit der errichteten PV-Anlage nach der langjährigen Vertragsdauer passiert, sollte auf jeden Fall im Vertrag klar geregelt sein und beispielsweise ein Rückbau der PV-Anlage mit einer Bankgarantie abgesichert werden.
Ing. Christoph Wolfesberger Fachreferent für Photovoltaik der Landwirtschaftskammer Niederösterreich erklärte alles Wissenswerte zu den PV Förderungen, dem Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) und der Stromvermarktung. Interessant sind die neuen „erneuerbare Energie Gemeinschaften“, wo Ökostrom regional innerhalb der Gemeinschaft erzeugt und verkauft werden kann. Erste Gemeinschaften laufen derzeit an, der Praxistest steht bevor.
Alles in allem gelang eine interessante Fachveranstaltung mit vielen Diskussionen. Die Hybridveranstaltung funktionierte bestens. In Summe haben 22 Personen im Seminarzentrum vor Ort und 15 online teilgenommen. Die Veranstaltung wurde vom ländlichen Fortbildungsinstitut Niederösterreich als Bildungsträger in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer NÖ durchgeführt und wurde über die Bildungsschiene im Europäischen Meeres- und Fischereifonds 2014-2020 gefördert.
