Bilanz Aquakultur 2020: Unterm Strich die Ziele erreicht?
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Ambitionierte Aquakulturstrategie Österreichs
Die Österreichische Strategie zur Förderung der nationalen Fischproduktion, kurz „Aquakultur 2020“ (BMLFUW 2012) wurde im Jahr 2012 vom Landwirtschaftsministerium veröffentlicht. Ambitionierte Wachstumsziele wurden damals mit Blick auf den geringen heimischen Selbstversorgungsgrad von 5 % festgelegt. Die Inlandsproduktion sollte bis zum Jahr 2020 mit einem Maßnahmenpaket auf 5.500 Jahrestonnen ausgebaut werden.
Strategie und Produktion 2020 – Wo stehen wir?
Ein Blick auf die Produktionszahlen zeigt, dass die im Jahr 2012 gesteckten Wachstumsziele zwar nicht ganz erfüllt werden, dennoch gab es eine massive Steigerung in der inländischen Aquakulturproduktion (Statistik Austria 2021a). Die Produktion konnte um ca. 1.400 Jahrestonnen von 3.128,3 t im Jahr 2012 auf 4.526,9 t im Jahr 2020 gesteigert werden. Das ergibt einen Zuwachs von knapp 45 %. Die Anzahl der in der Speisefischproduktion tätigen Betriebe ist um 77 auf 526 Betriebe gestiegen (+17 %). Ein stärkeres Wachstum der Speisefischproduktion gab es vor allem ab 2016 mit durchschnittlich +7 % jährlich. In diesem Zeitraum sind 72 der 77 neuen Betriebe hinzugekommen.
Kräftige Steigerung, aber nicht überall
Das stärkste Wachstum verzeichnet der Forellensektor mit fast 1.060 t innerhalb der acht Jahre (+48 %). Die ambitionierten Wachstumsziele der Aquakulturstrategie 2020 mit 4.000 t werden hier (knapp) nicht erreicht. Der Karpfensektor hat seit 2012 geringfügig zugenommen (+47 t) und stagniert bei ca. 690 t. Im Kreislaufanlagensektor werden die Wachstumsziele mit 499 t Jahresproduktion von Afrikanischen Welsen erreicht. Betrachtet man die in der Statistik als sonstige Fischarten geführte Produktion, so werden 568,0 t produziert.
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Österreichische Versorgungsbilanz zeigt weiterhin Aufholbedarf
Ein Blick in die Versorgungsbilanz zeigt, dass sich die höhere Inlandsproduktion kaum im Selbstversorgungsgrad niederschlägt, da der Konsum fast im selben Ausmaß gewachsen ist. Der Selbstversorgungsgrad für 2020 beträgt 7,2 %, wobei hier die Salz- und Süßwasserproduktion mitumfasst sind. Eine aktuelle Selbstversorgungsbilanz für ausschließlich Süßwasserfisch gibt es für Österreich nicht. Interessant ist, dass der Nahrungsverbrauch 2020 im Vergleich zum Vorjahr um fast 5.000 t zurückging. Dies könnte auf die COVID-19-Schließungen des HoReCa-Sektors (Hotel, Restaurants, Catering) mit einem verringerten Außer-Haus-Verzehr von Fisch zurückzuführen sein. Der durch COVID-19 angekurbelte Trend zum Selberkochen mit einer gesteigerten Nachfrage in der Direktvermarktung dürfte die Menge, welche durch den Außer-Haus-Verzehr verbraucht wurde, nicht zur Gänze kompensiert haben.
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Weiterentwicklung der Branche - Wo besteht Handlungsbedarf?
Die Produktionserhebung der Statistik Austria erfasst neben der Produktionsmenge auch die Gründe für Produktionseinbußen. Genannt wurden 2020 die Gründe Fressfeinde (vor allem Fischotter, Fischreiher und Kormorane), Wassermangel und Unwetterschäden sowie zum Teil Absatzschwierigkeiten aufgrund der Corona Maßnahmen. Letzteres dürfte vorwiegend Bestriebe betroffen haben, die den HoReCa-Sektor beliefern. Um die Situation genauer beurteilen zu können, müssen wiederum die einzelnen Produktionssparten betrachtet werden. Umfrageergebnisse zu den Hemmnissen und Potentialen des Umweltbundesamtes (UBA, 2020) geben weiters Aufschluss.
- Forellen: Trotz Steigerung noch nicht am Ziel
- Stagnation bei Karpfen, es geht ums Erhalten und den Ausbau der Qualitätsproduktion
- Kreislaufanlagen sind etabliert, Vorsicht ist bei Großanlagen gefragt
Ernährungssicherheit ausbauen
Hat man Ende 2019 über die heimische Lebensmittelproduktion in Verbindung mit dem Schlagwort Ernährungssicherheit gesprochen, so wurde man mitunter belächelt. Die Corona-Krise hat zu einem Umdenken und zur Wertschätzung für regionale Versorgungsketten geführt. Wenn dieser Trend anhält, dann profitiert auch die heimische Fischproduktion. Es gilt, politisch die richtigen Weichen zu stellen, um das heimische Potenzial zu nutzen. Für die kostenintensiven Investitionen braucht es ein gut mit Geldmitteln dotiertes Förderprogramm. Eines bleibt ungebrochen: Fisch liegt im Trend, die Frage wird sein - kommt er aus Österreich oder muss er weiterhin zu über 90% importiert werden?
Wir haben in der Aquakulturbranche nachgefragt: „Was ist nötig, um die heimische Aquakultur weiterzuentwickeln?“
Mag. Helga Bültermann-Igler, Obfrau Verband Österreichischer Forellenzüchter: „Das Wachsen der heimischen Fischereiwirtschaft und Aquakultur erfolgt im europäischen Umfeld. Für Österreich gesprochen, müssen bereits jetzt die Weichen gestellt werden für ein stärker dotiertes Nachfolgeprogramm des EMFAF 2021-2027 (Europ. Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds). Die Fördermittel müssen unbedingt für die gesamte Laufzeit ausreichen. Das Wachstum der österreichischen Aquakultur wird so weitergehen und der Bedarf für Investitionen wird groß sein. Ein gut austariertes Förderprogramm ist auch ein wichtiger wirtschaftlicher Anreiz für junge bäuerliche Betriebsnachfolger.
Ein Kernpunkt in Bezug auf die Forellenproduktion ist der Klimawandel. Zum Teil gehen die Wassermengen an bestehenden Produktionsstandorten deutlich zurück und die Temperaturen steigen. Hier geht es vor allem darum vorhandene Standorte nachhaltig fit für die Zukunft zu machen und so die bestehende Produktion abzusichern.“
Ing. Ferdinand Trauttmansdorff, Obmann NÖ Teichwirteverband: „Der Karpfen ist in den zwei Regionen Waldviertel und Südsteiermark als Leitprodukt stark verankert. Die vielen Karpfenteiche prägen dort auch das Landschaftsbild. Die vielfältigen bisherigen Bestrebungen in der Öffentlichkeitsarbeit und Vermarktung über Karpfen zeigen Wirkung. Dass der Karpfen fett ist und lettelt gehört wirklich der Vergangenheit an. Die Qualitätsproduktion über Markenprogramme muss laufend ausgebaut werden, es gilt ein hohes Preisniveau zu halten. Allein können die Verbände zukünftig die überbetriebliche Bewerbung nicht stemmen, da braucht es auf die Bedürfnisse der Branche zugeschnittene Förderungen. Nur so können die von der Teichwirtschaft mit dem Karpfen vollinhaltlich erfüllten Megatrends Nachhaltigkeit, Regionalität und Gesundheit auch an die Konsumenten und politischen Entscheidungsträger kommuniziert werden. Zudem müssen auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Sinne einer zukunftsfähigen Teichwirtschaft und Aquakultur verbessert werden.“
Literaturverzeichnis
BMLFUW - Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, 2012. Aquakultur 2020 - Österreichische Strategie zur Förderung der nationalen Fischproduktion. 16 Seiten.
Seliger C., Haslauer M., Schinegger R., Unfer G., Schmutz S., 2019. aquaNovum - Pilotprojekt zur Abschätzung des Produktionspotenzials von Aquakulturbetrieben in Österreich, Schwerpunkt Salmonidenproduktion in Durchflussanlagen. Universität für Bodenkultur, Wien. 100 Seiten.
STATISTIK AUSTRIA, 2021a. Aquakulturproduktion 2020.
STATISTIK AUSTRIA, 2021b. Versorgungsbilanz für Fische 2012 bis 2020.
Umweltbundesamt (2020): Pilotstudie 4: Umweltdaten der Aquakultur. Endbericht, 2020, Wien. 126 Seiten.
Seliger C., Haslauer M., Schinegger R., Unfer G., Schmutz S., 2019. aquaNovum - Pilotprojekt zur Abschätzung des Produktionspotenzials von Aquakulturbetrieben in Österreich, Schwerpunkt Salmonidenproduktion in Durchflussanlagen. Universität für Bodenkultur, Wien. 100 Seiten.
STATISTIK AUSTRIA, 2021a. Aquakulturproduktion 2020.
STATISTIK AUSTRIA, 2021b. Versorgungsbilanz für Fische 2012 bis 2020.
Umweltbundesamt (2020): Pilotstudie 4: Umweltdaten der Aquakultur. Endbericht, 2020, Wien. 126 Seiten.